Rahel-Varnhagen-Blog

  • Veranstaltung Menden 2010
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Erinnern für die Zukunft

Veranstaltung der Außenstelle Menden

Ehemalige jüdische Bürger standen im Mittelpunkt einer Gedenkveranstaltung auf dem Mendener jüdischen Friedhof. Dazu kamen am 18. November 2010 Schüler und Lehrer des Rahel-Varnhagen-Kollegs sowie die Mendener Museumsleiterin Jutta Törnig-Struck zusammen. Sichtlich bewegt wies sie darauf hin, dass »die hebräische Sprache auf diesem Friedhof mit seinen alten Grabsteinen 80 Jahre nicht vernommen worden« sei. Gerade für die muslimischen Schüler war diese Veranstaltung, bei der sie auch selbst hebräisch sangen und jüdischen Gebeten zuhörten, eine besondere Herausforderung. Dafür mussten und konnten gewohnte Denkstrukturen mit vielfach antisemitischem Hintergrund teilweise überwunden werden.

Im Ergebnis beeindruckte die durchgehend ernsthafte und feierliche Stimmung. Unter der Leitung eines Lehrers sangen die Schüler den jüdischen Kanon »Herr, aus der Tiefe rufe ich zu dir«. Darüber hinaus wurden Psalmen aus der hebräischen Bibel vorgetragen. Für die Versammlung wurde das jüdische Totengebet (Kaddisch) gesprochen.

Dr. Gabriele Schulte, Leiterin des Mendener Rahel-Varnhagen-Kollegs, erinnerte in ihrer Ansprache an die starke Verbundenheit Mendens mit der jüdischer Kultur: »Das Judentum gehört zu Menden, wie dieser Friedhof beweist, ebenso wie der Islam, der in unserer Schule präsent ist«. Sie erinnerte an den Mendener Erich Eichengrün, der mit der früheren Mendener Buchhändlerin Ilse Daub gemeinsam die Volksschule besucht habe und mit ihr befreundet gewesen sei. 1948 heiratete der 1934 nach Palästina ausgewanderte Eichengrün die deutschsprachige Schriftstellerin Jenny Aloni, die er aus seiner Kindheit in Paderborn kannte. Ihre Erzählung »Kristall und Schäferhund« beschreibt die Schrecknisse der Reichspogromnacht, die sie in Paderborn miterleben musste. Dr. Gabriele Schulte schilderte daraus die Plünderung eines jüdischen Schuhgeschäftes in Paderborn, die für die Ich-Erzählerin einer Vergewaltigung gleichkam. Zudem verwies Frau Dr. Schulte auf die Zusammengehörigkeit der monotheistischen Religionen und bezog sich dabei auf den Koran: »Ich habe meinen Glauben, ihr habt euren Glauben, und worüber wir uneins sind, wird Allah selbst entscheiden am Tag des jüngsten Gerichts. Und wetteifert miteinander in den guten Werken.«

Zum Abschluss zitierte sie aus der hebräischen Bibel: »Meide das Böse, tue das Gute, suche Frieden und jage ihm nach«. Eine Schülerin trug Else Lasker-Schülers Gedicht »Versöhnungstag« vor, das sich auf den Jom Kippur-Tag bezieht und in anrührender Weise die Notwendigkeit der Liebe unter den Menschen beschwört. Das gemeinsam gesungene Lied »Donai donai«, was auf die Ermordung der Juden im deutschen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau anspielt, bildete den Abschluss der Feier.